Ein alter Weinbauer wird in seinem bereits verpachteten Weinberg tot aufgefunden. Weder von seinen zwei Söhnen, noch von seiner Tochter wurde der Witwer vermisst.
In seinem Tresor findet sich eine außergewöhnlich hohe Summe Bargeld. Sein Hof und auch sein Weinberg stellen ebenso erhebliche Werte dar und nahezu jeder im Umfeld des Bauern hatte andere Pläne mit dessen Besitz.
Viele Motive, einige emotionale Verwicklungen, wie auch der unterschiedliche Umgang mit dem Traditionellen, machen den Fall für Luise Pimpernell nicht nur zu einer beruflichen, sondern auch zu einer persönlichen Herausforderung.
Prolog
So etwas waren die Bewohner von Schilfern am Neusiedlersee nicht gewöhnt. Einen derartigen Dezember hatten sie hier schon jahrzehntelang nicht erlebt. Eigentlich war es ein sehr mildes Klima, das pannonische, eher mediterran und deshalb waren die meisten nicht entsprechend ausgerüstet.
Besonders schwierig war es für die Alten. Die großen Supermärkte lagen außerhalb des Ortes, blieben für sie nun unerreichbar. Ebenso der Arzt. Und der kam mit seinen Hausbesuchen gar nicht nach. Die Nachbarschaftshilfe funktionierte schon lange nicht mehr wie früher. Selbst in diesem Zweitausend-Seelen-Dorf kannte man manchmal nicht einmal die Menschen nebenan. Viele waren zugezogen, hatten moderne Häuser gebaut und kümmerten sich nur um ihre eigenen Belange.
In den letzten Tagen hatte es über einen halben Meter Schnee gegeben und dazu noch Sturm. Die Wechten waren teilweise meterhoch. Die Freiwillige Feuerwehr musste manche Tore freischaufeln, weil sie komplett zugeweht waren und die Menschen sonst nicht aus ihren Häusern gekommen wären. Die Schneeräumung überforderte die Gemeindeverwaltung heillos, Straßen und Gehwege blieben ungeräumt.
Auch für Luise Pimpernell war diese Zeit beschwerlich. Die Leiterin der Abteilung für Verbrechen gegen Leib und Leben am LKA musste jeden Tag an die dreißig Kilometer nach Eisenstadt in ihr Büro fahren und die Straßen waren teilweise beinahe unpassierbar.
Überdies war das Schneeschaufeln nicht die große Leidenschaft der Chefermittlerin, und da sie alleine auf ihrem Hof lebte, nahm ihr nur selten jemand diese Arbeit ab. Manchmal erbarmte sich einer ihrer geliebten Neffen, aber die hatten natürlich selbst vollauf damit zu tun, ihre Familien heil durch diese Zeit zu bringen. Muskelkater, Schulterschmerzen und Kreuzweh begleiteten deshalb ihren Alltag.
Als es endlich zu schneien aufhörte und der Sturm sich beruhigte, atmete sie, wie auch alle anderen, erleichtert auf. Der Wetterbericht versprach für die nächsten Tage einen Wärmeeinbruch, was zwar die Einkäufe für die Feiertage sicherte, aber jetzt wiederum viele Leute darum bangen ließ, dass es heuer erneut keine weiße Weihnachten geben würde.
Tja, wie heißt es so schön – allen Menschen Recht getan …
1.
Es war um die Mittagszeit. Oberst Doktor Luise Pimpernell wollte eben mit ihrer Büroassistentin Biggie Lantsch, wegen ihrer Quirligkeit von allen liebevoll Springmaus genannt, in die Kantine gehen und sich über die ideenlosen Menüs ärgern, die dort angeboten wurden. Da kam der Anruf.
Toter im Weinberg in Schilfern, ihrem Geburts- und Wohnort.
„Na, der hätte auch im großen Schnee hereinkommen können“, kommentierte sie trocken. „Da wirst wieder ein paar Tage allein essen, Süße.“
Wenn ein Verbrechen im Bereich ihrer Bezirkshauptstadt begangen wurde, richtete sich die Pimpernell für die Dauer der Ermittlungen gerne bei Abteilungsinspektor Roman Grümpl ein, mit dem sie in diesen Fällen zusammenarbeitete. Das Kriminaldienstbüro des Polizeipostenkommandos Neusiedl am See lag nur wenige Kilometer von ihrem Zuhause entfernt.
„Ach, Chefin, Sie werden mich sicher mit genügend Arbeit versorgen, damit mir nicht fad wird. Toten haben wir eh schon länger keinen mehr gehabt. Vielleicht wirds spannend.“
„Biggie!“, tadelte die Frau Oberst halbherzig. Denn auch sie hatte einen Hang zum morbiden Humor.